Kagayis Satz «I am sorry for my negativity» war ein größeres Problem, denn ich fand keine passende deutsche Entsprechung. Schließlich entschied ich mich für «sorry», heutzutage ein im Deutschen häufig verwendeter Anglizismus. «Negativity» blieb schließlich «Negativität». Im Englischen klingt dies etwas gestelzt und im Deutschen ebenfalls. Gespräche mit dem Autor ließen erkennen, dass diese Gestelztheit Absicht war: Leute hatten ihn beschuldigt, in seiner Lyrik zu negativ zu sein – als ob die Negativität des Dichters das gesellschaftliche Problem sei und nicht all die anderen Übel, die er im Stück anspricht.
Finanzielle Angelegenheiten – der Verkauf der Verfassung, der Korruptionshimmel, die Prekarität der Lebensbedingungen in den Slums von Bwaise, weil alle nationalen Ressourcen privatisiert wurden – ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Stück. Wenn der Dichter also sagt «Before I am taxed for my apology», kann man beides hören, «Bevor ich für meine Entschuldigung beschuldigt werde» oder «Bevor ich für meine Entschuldigung besteuert werde». Eine Möglichkeit der Übersetzung ist es, zwischen beiden Varianten zu wechseln.
Ein anderer Strang ist Kagayis intertextuelle Referenz auf die Bibel, ein Bezug, den er auf der Bildebene unterstützt, wenn er als christusgleiche Figur die gekreuzigte Verfassung trägt. Während der Inszenierung wird das Kreuz zum Gewehr, und der Bezug auf den Missbrauch des Christentums in einem Land, das für seinen religiösen Fundamentalismus bekannt ist, wird ersetzt durch eine Hinwendung zum traditionellen Gott: «Dear Moulder, creator of all things.» George Seremba bemerkt, dass in Lusoga das Wort für «moulder» für das Göttliche verwendet wird. Im Deutschen machte mir dieses Wort Schwierigkeiten. Für die endgültige Fassung der Übersetzung denke ich jetzt an «Erschaffer». Alle Substantive aus dem Bereich der Bearbeitung von Ton – Kneter, Töpferer, Former – klingen im Deutschen falsch. Auch die Art der Anrede galt es zu bewahren. Daher behielt ich den gehobenen Stil des Englischen bei.
For our politicians,
I come to you,
Giver of good health;
To tell you of your children
Left in villages asking
The fire of Jjajja ssalongo
A difficult answer
To a simple question
I ask you on their behalf:
Is there a heaven for corruption?
Wegen unserer Politiker
komme ich zu dir
Gesundheitsstifter
um dir von deinen Kindern zu berichten
zurückgelassen in Dörfern
mit einer Frage an
Jjajja Salongos Feuer
nach einer schwierigen Antwort
auf eine einfache Frage
ich frage für sie:
Gibt es einen Himmel für Korruption?
Schließlich ließen sich manche Bezüge wie die «sugar-and-salt-giveaway-ceremony» (vgl. Seremba) oder die essbare «rolex of orature» nur durch den Kontext entschlüsseln: Eine Rolex ist ein populäres Street Food in Kampala. Am Ende war das Schwierigste, den Textfluss beizubehalten, der sich auch auf Hip-Hop und andere Musikformen bezieht.
Doom glides in a centipede,
Terror flies in a vulture,
Fear manifests in a snail trail,
The signs of a fox tail-shed
Have ripened our Fate
Verhängnis tausendfüßelt dahin
Terror im Geierflug
Furcht im Schneckengang
Die Zeichen eines schwanzlosen Fuchses
haben unser Schicksal reifen lassen
Während Kagayi die Balance zwischen Rhythmus, Reim, Umgangssprache und gehobenem Stil hält, bemühte ich mich selbst darum, nicht zu sehr nach Friedrich Hölderlins später Lyrik zu klingen. Doch mag es zwischen dem «wahnsinnigen» revolutionären Dichter des frühen 19. Jahrhunderts und Kagayis wahnsinnigem Dichter durchaus Gemeinsamkeiten geben.
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