Vermittlungsarbeit anerkennen
Im letzten und leider etwas zu kurz gekommenen Teil der Tagung ging es um das Thema Vermittlungsarbeit. Auf dem Podium fanden sich Nina Thielicke und Laurent Muhleisen mit Yvonne Griesel zusammen. Geleitet wurde das Gespräch von der Symposiums-Mitorganisatorin und Übersetzerin Corinna Popp.
Nina Thielicke ist Übersetzerin und Kuratorin und leitet das Projekt «Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen» – eine gemeinsame Initiative des Literarischen Colloquiums Berlin und dem Deutschen Übersetzerfonds.
Laurent Muhleisen übersetzt aus dem Deutschen und ist spezialisiert auf Gegenwartsdramatik. Er ist Künstlerischer Leiter der Maison Antoine Vitez, dem Zentrum für internationale Theaterübersetzung in Paris.
Muhleisen erzählte, dass die Maison Antoine Vitez sich Anfang der 1990er-Jahre gegründet hatte, um mehr Sichtbarkeit für Übersetzer:innen zu erreichen. Er erinnerte daran, dass alles, was wir im deutschsprachigen Theater hören, ob Tschechow, Shakespeare oder Ibsen, jemand übersetzt habe und wir so die Worte der Person hören, die diese Arbeit gemacht hat. «Diese Worte stellen ein Echo auf die Ursprungssprache dar, und das Publikum hört diese Worte. Das ist die erste Vermittlungsarbeit», so Muhleisen.
Nina Thielicke ergänzte, dass es bei Vermittlungsarbeit natürlich um Geld ginge: «Gebt den Übersetzer:innen Kohle, damit sie besser arbeiten können!» Schließlich leben wir in Gesellschaften, in denen, allein durch die zahlreichen Menschen mit Migrationsgeschichten, eine Vielstimmigkeit herrscht. Jeden Tag wird etwas übersetzt. Sei es im Theater, beim Arbeitsamt oder im privaten Gespräch.
Yvonne Griesel und Laurent Muhleisen brachten gemeinsam auf den Punkt, was auch an dieser Stelle als Schlussgedanke dienen soll: «Es ist wichtig, Übersetzer:innen als denkende Personen wahrzunehmen.» Sie sind unverzichtbare und oft sehr kluge Vermittler:innen, zwischen Sprachen und Kulturen. Sie verschaffen Stimmen Gehör, die sonst vielleicht nie gehört werden würden. Es ist also notwendig, diese Arbeit nicht nur zu würdigen, sondern Übersetzer:innen miteinzubeziehen: In die künstlerischen Prozesse, in Theater- und Verlagsstrukturen, in die Geistes- und Kulturwissenschaft und in viele andere Bereiche mehr.
Diese Tagung hat gezeigt, dass es wichtig ist, miteinander ins Gespräch zu kommen und den Dialog trotz aller Widerstände immer wieder zu suchen. Miteinander zu diskutieren und aus der eigenen Komfortzone herauskommen, in Bewegung zu bleiben und gemeinsam neue Strukturen zu etablieren. An mutigen und klugen Worten, Statements und Ideen hat an diesen drei Tagen jedenfalls nicht gemangelt.
Paula J. Perschke beschäftigt sich aus systemkritischer und queerfeministischer Perspektive mit Theater, Literatur und Musik. Sie schreibt als freie Autorin u. a. für Theater der Zeit, Missy Magazine, L.MAG und das Berliner Stadtmagazin Siegessäule.
Hanna Gressnich, geboren 1989, lebt und arbeitet aktuell als Lehrerin und Comiczeichnerin in Frankfurt am Main. Nach einem Studium der Geschichte und Kunsterziehung im Saarland entdeckt sie an der
HBKsaar ihre Liebe zum Geschichtenerzählen/ Comiczeichnen und schließt sich dort dem frisch entstandenen Comicatelier (unter Jonathan Kunz) an. Nach ein paar selbstverlegten Comics in einem umgebauten Kondomautomaten findet man ihre Comics mittlerweile ganz offiziell beim Berliner Ja Ja Verlag.
Noch keine Kommentare / Diskutieren Sie mit!
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare. Da wir die Diskussionen moderieren, kann es sein, dass Kommentare nicht sofort erscheinen. Mehr zu den Diskussionsregeln erfahren Sie hier.