SapphoX

«SapphoX» von Sarah Jane Moloney, widersetzt sich einer zusammenhängenden Narration, die versuchen würde, «Sinn zu schaffen». Die junge Dramatikerin, die ursprünglich aus dem Bereich der Performance stammt, stellt in ihrem ersten «richtigen» Theatertext eine Beziehung zwischen der aktuellen Migrationskrise und der griechischen Antike, der Wiege der abendländischen Kultur her. Protagonistin ist die legendäre Lyrikerin Sappho, von deren Werk nur mehr 650 Verse erhalten sind und die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder gewaltsam neu gedeutet wurde – von der romantisch Liebenden bis hin zur Ur-Mutter des Queerfeminismus. Diese Sappho wird nun in einer Science Fiction-Handlung von zwei Wissenschaftlern zum Leben erweckt, die von ihr die «fehlenden Wörter» fordern, um endlich die «wahre» stichhaltig nachweisbare Lesart des Sapphoschen Werkes zu finden. Parallel dazu wird die Geschichte zwei junger Freiwilliger erzählt, die sich aus der Schweiz nach Lesbos aufgemacht haben, um in dem alptraumartigen Auffanglager Moria als Helfer zu arbeiten. Während das Mädchen nach dem ersten Schock wieder abreist, findet der arabisch-stämmige junge Mann in der Tätigkeit einen Teil seiner Identität wieder. Ebenso wie ihre Protagonistin bleibt die Autorin jedoch klare Antworten schuldig. «SapphoX» spielt auf drei Zeitebenen: in der Science-Fiction-Handlung (2070), der Gegenwart (2020) und in den 1970er-Jahren, als Sapphos Insel Lesbos zu einem Hotspot des beginnenden lesbischen Sextourismus wurde. Anstatt uns klare Aussagen und Ergebnisse zu präsentieren, nimmt Sarah Jane Moloney Sprache und Zeit ernst und bricht eine Lanze für Komplexität und Uneindeutigkeit.

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