Der Vortrag

Der leidlich erfolgreiche Stückeschreiber und Autor Thomas Blanguernon hat genug von Frankreich, von der französischen Gesellschaft und vom französischen Theater. Er flieht nach Berlin. Doch dann geht ihm das Geld aus. Er nimmt die Einladung zu einem Vortrag auf einer Konferenz zur Krise des Theaters an. So findet er sich plötzlich wieder in einer Kulturinstitution des französischen Staates, und also inmitten all dessen, was er verachtet. Es entspinnt sich ein so virtuoses wie furioses, so gallig komisches wie abgrundtief trauriges Solo der Verfluchung und Verwünschung, das Le Monde als «eines Thomas Bernhard würdig» beschrieben hat. Auf hinterhältige Art und Weise benützt Pellet in diesem 2009 geschriebenen Text die Matrix des Theaters als Sprungbrett für eine radikale Kritik unserer neoliberalen konsumtrunkenen gesellschaftlichen Verfasstheit. Dass er darüber hinaus bereits damals die Migrationsdebatte scheinbar wie nebenbei aufgespießt hat, kann man nur als visionär bezeichnen. Ironischerweise wurde Christophe Pellet für «Der Vortrag» vom französischen Kulturministerium mit dem Grand Prix de Littérature Dramatique ausgezeichnet.

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