Auch der sechste Band der Reihe Scène stellt wieder neue Stücke vor, die das breite Spektrum des französischsprachigen Theaters ins Visier nehmen. Alle vier Autoren haben ihren Platz bereits auf den Bühnen Frankreichs gefunden oder sind dem frankophonen Publikum ein Begriff:
Valère Novarinas «Theater der Ohren» führt die Sprache wieder auf sich selbst und zu einer Autonomie zurück, die sich nicht einfach der Sinnhaftigkeit ergibt. Seine Passion für Sturzbäche von Namen, seine langen Wortspiralen oder Sprachgirlanden kommen auch in Der rote Ursprung zur Geltung – ein oft witziges, immer rauschhaftes Theater, das man hörend lesen sollte.
Wie Novarina, so schreibt auch die junge Autorin Marie NDiaye nicht ausschließlich fürs Theater, feierte dort aber gerade in der vergangenen Saison einen großen Erfolg mit Papa muss essen. Ihr Stück führt nicht nur Figuren unterschiedlicher Hautfarbe und Sprachwelten zusammen, sondern sorgt auch für ein explosives Gemisch von Ideologie und Illusion, von Selbstbetrug und Selbstbestätigung. Dabei erzählt sie die Geschichte einer schwierigen Liebe, einer problematischen Vaterschaft und verlassenen Familie.
Der belgische Autor Jean-Marie Piemme spitzt in Um die Wurst den schäbigen kleinen Rassismus seines Stückpersonals pointiert, nie plakativ zu. In den zwei miteinander konkurrierenden Metzgereien, einer belgischen und einer arabischen, geht es «um die Wurst» – und immer noch um mehr.
Enzo Cormanns Weiter Sturm schließlich führt seine Figuren von der Straße wieder ins Theater zurück: Ein alter Burgschauspieler hatte sich auf dem Höhepunkt seiner Kunst irgendwann ins «Exil» davongestohlen, nun stöbert ihn ein junger Bewunderer auf. Cormann verwebt kunstvoll Gegenwart und Vergangenheit, mit ebenso großem Sinn für die erzählte Geschichte wie die lebendige Historie.