Der unbekannte Akt

Valère Novarina beweist in Der unbekannte Akt seine unerschöpfliche Sprachkreativität, deren überbordendes Vokabular schier schwindelig macht. In dieser Welt ist die Logik nicht nur aristotelischer Prinzipien abgeschafft, sondern auch ein strikt rationeller Zugriff unmöglich gemacht. Zwar kann der Hörer und Zuschauer dieser Sprache folgen, wiederkehrende Themen, aktuelle Bezüge, subtile Komik neben auch mal kalauernder Parodie ausmachen. Aber weder kristallisiert sich ein Dialog zwischen den Akteuren noch eine Botschaft an die Zuschauer heraus. Novarina verweigert sich als Autor einer Wahrheit oder konkreten Idee. Er modelliert einen szenischen Raum mit Worten und einem Rhythmus, der Bewegung in den durch Sprache und Töne geschaffenen Raum bringt.  Ob es um Sprachautomatismen des Alltags, der Politik und Medienwelt oder um den Bestand humanistischer Gewissheiten geht, Valère Novarina setzt sie außer Kraft, ohne je besserwisserisch aufzuklären. Seine Sprachwirbel saugen spielerisch alles auf – auch Gegenwart, Kunstdiskurs, sogar Politik – und machen seinen zunehmend musikalischen Theaterstil so eigenartig wie wirkungsvoll. In einem finalen Abendmahl verspeisen die Schauspieler die Sprache.

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