Das kleine Zimmer am Ende der Treppe

Wozu braucht man zehn Gästezimmer, wenn sie nicht belegt sind? Das möchte Grâce von ihrem wohlhabenden Mann Henri wissen. Sie seien einfach da, antwortet der, wie die ungenutzten Zellen im Gehirn. Damit die Gedanken kreisen können. Tatsächlich fühlt sich Grâce in ihrem neuen, schicken Zuhause zeitweise verloren wie in den Windungen eines überlebensgroßen Gehirns.

Es gibt keinen Grund zu klagen – sie hat ein gutes Leben, ein riesiges Haus mit 28 Zimmern und einen Mann, der sie auf Händen trägt. Doch dieser Mann bleibt ihr ein Rätsel. Er hütet ein Geheimnis, vielleicht die Kehrseite seines strahlenden Erfolgs? Eines Nachts beobachtet Grâce, wie Henri das kleine Zimmer betritt; es ist jene Kammer, die sie nicht sehen darf. Grâce wird neugierig, sie will der Sache auf den Grund gehen. Als Henri auf Geschäftsreise ist, nutzt sie die Chance. Im Zimmer findet sie einen verletzten Mann, einen Gefangenen. Sie versucht, ihn zu verarzten, aber Henri kommt nach Hause – und gerät in Rage.

Carole Fréchette legt mit dem spannungsvollen Stück, das 2009 mit dem «Grand Prix de littérature dramatique» ausgezeichnet wurde, eine moderne, psychologisch angelegte Version des Blaubart-Mythos vor.

 

Abonnieren Sie unseren Newsletter